Unsere Elektrobrieftauben fliegen immer wieder ins worldweite Nezz unseren Newsletter abladen. Mindestens wöchentlich ...
Feins z'Mittag 
vom 18.-22.3.24
Am liebsten gelesen, gehört und angeschaut ...
Eine Bekräftigung der Magie des Gitarrenrocks.
Dienstag, 22.05.2012, 20Uhr20
Lokalbühne
Rocket From The Tombs (USA)
Diese hässlichen alten Männer kümmern sich einen Scheiss um Marketingfesseln und rotzen, dass es mehr als eine wahre Freude ist.
«Barfly» (2011) – das erste Studio-Album nach 37 Jahren Bandgeschichte! Allerdings existierte die 1974 gegründete und 1975 schon ausgebrannte Band vor allem auf Bootlegs und in Legenden. Manche behaupten, Rocket From The Tombs aus Cleveland hätten den Punk erfunden. Davon hält Gründungsmitglied und Pere Ubu-Frontmann David Thomas allerdings nichts. Ausserdem sei Punk nur ein Modegag. Drei Dinge liefen damals grundfalsch: Drogen und Alkohol in einem Ausmass, das selbst Keith Richards Sorgen gemacht hätte; eine Sprunghaftigkeit, die fatalerweise an The Troggs erinnerte; ein Karussell von Drummern, das Spinal Tap alle Ehre gemacht hätte. Eines jedoch lief absolut richtig: In den acht Monaten ihrer Existenz schrieben Rocket From The Tombs Punkhymnen vom Feinsten. Erwähnt seien «Ain't It Fun», «Sonic Reducer», «Final Solution», «So Cold», «What Love Is», «30 Seconds Over Tokyo», «Amphetamine». Und sie spielten sie, als gäbe es kein Morgen. Es gab auch keins: Ein Teil wurde zu Pere Ubu, der andere zu The Dead Boys.

Das Album «The Day The Earth Met The Rocket From The Tombs» mit Liveaufnahmen und Tapes aus dem Proberaum führte 2003 zu einer vorsichtigen Reunion. Der Kern der Band – David Thomas aka Behemoth, Cheetah Chrome aka Gene O'Connor (heute nicht mehr dabei) und Craig Bell – stammte noch aus den alten Tagen. Zwischenzeitlich ersetzte Richard Lloyd von Television den früh verstorbenen Peter Laughner. Heute noch mit von der Partie: Pere Ubu-Drummer Steve Mehlman sowie die beiden Gitarristen Gary Siperko und Darius Akita. David Thomas sagt: «Wir haben diese Einstellung im Blut und werden sie nicht los. Zumindest sind wir nicht mehr jung, laut und rotzig. Jetzt sind wir alt, laut und rotzig.»

«Barfly» ist denn auch eine ungeschönte, unverfrorene Bekräftigung der Magie des Gitarrenrocks: Soli, die sich zwischen zwei Meistern der Zunft auftürmen, eine einfallsreiche Rhythmus-Sektion, die fest auf den Groove des Mittleren Westens gebaut ist und ein Sänger, der alles von Rob Tyner und Don Van Vliet gelernt hat, was es zu lernen gibt. Im Opener «I Sell Soul» knurrt Thomas «I will amblify you» – und was immer das heisst, er meint es ernst. Diese hässlichen alten Männer kümmern sich einen Scheiss um Marketingfesseln und rotzen, dass es mehr als eine wahre Freude ist. Denn die letzten 37 Jahre waren pure Zeitverschwendung und ein Morgen ist auch auf unserer Leuchtturm-Fels-in-der-Brandung-Insel nicht in Sicht.
top...
el Lokal