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Oh Gutglück!
Montag, 13.08.2012, 20Uhr20
Lokalbühne
Dan Mangan (CAN)
«We'll drive until the gas is gone.»
Der seit geraumer Zeit in Vancouver lebende Musikpoet trifft mit seinen Geschichten nicht nur den Nerv der Zeit, sondern auch den der Menschen, die – wie auch immer – um ihr Leben strampeln. Und zwar mitten hinein ins Tiefrote.
Inzwischen kurzweilt Dan Mangans drittes Album – nach dem vielbejubelten «Nice Nice Very Nice» – schon eine ganze Weile auf Erden: «Oh Fortune» ist ein weiterer Geniestreich des kanadischen Ton- & Songkünstlers, dessen Live-Auftritte in jeder halbwegs lebendig zu nennenden Herzensseele einen paradiesischen Freudendschungel spriessen lassen. Überirdisch. Wild, komplex, kunterbunt und fantastisch. «Oh Fortune» brilliert mit Mangans Stärken – eindrückliche Stimme & abgrundtiefe Menschlichkeit –, aber diesmal aus einer abgeklärteren Perspektive kreativer Intuition, die einen nur nach Jahren harten Beissens heimsuchen kann. «The last record did far more than I or anyone else thought it would… I felt like we stumbled by accident onto something that people liked. I feel now that if we tried to recreate something that already worked, I wouldn’t like it… and then they wouldn’t like it either,» sinniert Dan, «it has to be sincere, and relevant, and whatever we’re feeling right now.» Das Album löste – wie Mangans gesamtes bisheriges Schaffen – die beim letzten Mal prophezeite Begeisterung aus. Rundum. Vorbehaltlos.

Mangan, der schon mit The Walkmen, The Decemberists and Okkervil River tourte, schafft live in wenigen Tönen, das Publikum an seinen Lippen kleben zu lassen. Mit betörenden Songs über Liebe, Tod & Leidenschaft. Ganz wurscht, ob er mit einem klassischen Rock-Line-up, solo oder mit Bläsern & Streichquartett samt Kontrabass auftritt: Immer sorgt er für eine intime Stimmung voller Seelenfeuer und extremer Schöööööööööönheit. Immerhin verlieh man ihm seit 2010 mehrfach und von unterschiedlichsten Seiten Titel wie «Songwriter des Jahres» oder «Album des Jahres». Wohlverdient, wie wir meinen. Ja, da kommt einer (wieder und immer wieder), der seine Musik lebt, tourt und auf der Strasse ebenso intensiv performt wie auf den Bühnen von Hierzuland & Übersee.

Der seit geraumer Zeit in Vancouver lebende Musikpoet trifft mit seinen Geschichten nicht nur den Nerv der Zeit, sondern auch den der Menschen, die – wie auch immer – um ihr Leben strampeln. Und zwar mitten hinein ins Tiefrote. Mangans souveräne Band stammt aus der Freejazz-Impro-Experimental-Ecke: Gitarrist Gord Grdina (Gary Peacock, Paul Motian), Drummer Kenton Loewen (Mats Gustafsson, Jerry Granelli) und der unvergleichliche Bassist John Walsh (Brasstronaut). Auf «Oh Fortune» wurden zudem ein nahes Orchester zugezogen sowie JP Carter (Fond Of Tigers, Inhabitants), Jesse Zubot (Nels Cline, Mats Gustafsson), Peggy Lee (Wayne Horvitz, Veda Hille); Eyvind Kang (Bill Frisell, Beck, Mike Patton, Marc Ribot) perfektionierte die Arrangements. Produzent: Coling Stewart (Black Mountain, Cave Singers). «The sound has been stretched in different directions by the players and how they’ve warped my mind over the last few years. I always simply aimed to surround myself with people who were creatively inspiring. And yet with all of this amazing musical influence, I feel like lyrically and song-wise it’s more me than anything I’ve ever done.»

Man kann das Nebeneinanderchaos von «Oh Fortune» als dunkel & traurig hören, insgesamt aber kommt es musikalisch wilder & zäher daher, als man es von Dan Mangan erwartet. Die Melancholie wird durchsetzt mit starken Momenten unglaublicher Glorie & Siegesgewissheit. Nein, das ist nicht Trauer, sondern einfach nur Wahrhaftigkeit, Authentizität, Sehnsucht, Ehrlichkeit. Das Album widerspiegelt das ganze, verflixte Leben. Es ist das Leben. Voller Überraschungen, durchdrungen von Klugheit, Weltklasse-Charme und universellem Charisma. Und Sterblichkeit, Isolation und Verzweiflung. Wie auch immer. Dan's kraftvolle, wetterfeste Songs graben tief im Unterbewussten, wühlen auf, lassen träumen, seufzen, lächeln, lachen, nachdenken, vergessen; einfach alles, was das hörfühlende Herz begehrt. Im Titel spiegelt sich Dan’s Reflexion über eine Konfetti-Parade (ticker-tape parade) im Jahr 1926 anlässlich der Rückkehr von Gertrude Ederle in die Vereinigten Staaten (who the f… - ah!). Einen Herzschlag lang war sie die meistgefeierte Berühmtheit des Landes: Sie hatte soeben als erste Frau den Ärmelkanal durchschwommen und gleichzeitig den neuen Weltrekord aufgestellt, der bisher – logo! – von Männern gehalten wurde. Oh Gutglück, lass unsere Insel in dir endlos schwimmen! In Ewigkeit, Amen.

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