Edel geht die Welt zugrunde, wie’s so schön heisst. Nach der legendären Schöftland-Gala-Nacht, an der alle Bandmitglieder eigene Projekte präsentierten, folgte die grosse Schöftland-Citynightline-Tournee durch Deutschland:
Mit Pauken und Trompeten und allem anderen Musikswerkzeug inklusive. Harmonium und Schlagzeug reisten die fünf Schöftländer im Zug von Hamburg nach Zürich; in jeder Halte-Stadt des CNL gaben sie ein Konzert. Gar nicht so lange her. Inzwischen tourten sie schon mit dem befreundeten Gisbert Zu Knyphausen durch Deutschlands grosse Clubs.
Die Musik von Schöftland ist wie ein Gewitter an einem traumhaft goldenen Sonntag im Herbst: Wärme und Geborgenheit schlagen urplötzlich um in Blitz und Donner. Derbe Schönheit, mal mit kargen Harmoniumakkorden, trägem Baritonsax und schleppendem Kontrabass, dann wieder lustvolle Wellen von lärmigem Gitarrenstrom, peitschenden Trommelregen und weiss-gischtenden Becken. Name des neuen Albums: «Der Schein trügt». Nicht, dass wir euch nicht gewarnt hätten, Leute, aber an diesem Abend werdet ihr zwar Grossartiges hören und vielleicht auch sehen, nicht aber hinter das allerhinterletzte Geheimnis kommen: Nämlich wie um alles in der Welt fünf Berner draufkommen, sich nach einem aargauischen Kaff mit Schloss und Wirbelkraftwerk zu benennen, das sich selbst als «Fortschrittliche Zentrumsgemeinde im oberen Suhrental» bezeichnet. Die Verschollenen des Nebelunterrichts von Schilten lassen grüssen. Aber was kümmert’s unseren Grau Von Reiher Von und Zu Euch.
Nils Koppruch, Hamburg(ex-Fink)
«Mein Name ist Gisbert zu Knyphausen und das ist mein richtiger Name». So stellt sich dieser junge Mann immer gerne vor und dann verstummt auch schon das Geplauder, Jackenrascheln, ja sogar Alkoholdunst & Rauch im Raum verziehen sich. Nicht zuletzt werden Ritalinjunkies auf der falschen Dosis still und reich an Aufmerksamkeit. Gisbert singt über Lethargie im Angesicht eines Morgen, über die Suche nach Halt oder schlicht und einfach über das Saufen. Nicht Trinken, Saufen. Und es klingt nie peinlich oder oberflächlich oder wie einfach so dahin gesagt. Vielmehr klingt es ernst, traurig und unendlich echt. Gisbert zu Knyphausen-Hören ist wie Füsse im Sand vergraben oder wie die Wange an warmes Holz legen. Oder so. Er hat der Melancholie ihre Würde zurückgegeben. Wir wollen mehr Melancholie hinausschicken über die Ränder unserer Herzblut pulsenden Insel, hinaus an die Menschen auf den fernen Festländern jenseits der stürmischen Weltmeere. Dem Horizont entgegen, den wir an einer Angel verführerisch und unerreichbar auf Gisberts Melodien vor uns hertragen. Immer immer lieberer.