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Feins z'Mittag 
vom 18.-22.3.24
Am liebsten gelesen, gehört und angeschaut ...
Staub & Gold...
Mittwoch, 17.11.2010, 20Uhr20
Lokalbühne
Nils Koppruch
+ Das Trojanische Pferd (DE)
Alles, was es zu Nils Koppruch’s Album «Caruso» zu verzapfen gibt, steckt in dem properen Dutzend genialer Songs. So zet Be die Erkenntnis: «Kein einziges Wort kennt die Wahrheit / Und kein einziger Satz den ich schrieb / Erklärt was die Worte nicht sagen / Kein einziges Wort reicht so weit.»

Naja, sei’s drum, die Fakten sprechen jedenfalls für sich. Und für Koppruch. Seine Plattenfirma Grand Hotel Van Cleef findet denn auch, die Lieder seien so verdammt gut, dass sie weder Eigenlobhudelei noch Marktgeschrei nötig hätten. Schön, dann füllt sich ja auch unser Laden von selbst. Wenns denn so einfach wär... liegt an euch, diese gewagte Labelthese populärwissenschaftlich zu erhärten.

Der kreative Kopf der Hamburger Band Fink schrieb einst mit Alben wie «Mondscheiner», «Fink» und «Haiku Ambulanz» Musikgeschichte. Zumindest gab es im Prä-Fink-Zeitalter diese Art von Texten nicht. Auch nicht diese Musik in deutschsprachigen Landen. Jedenfalls war vor fünf Jahren Schluss mit lustig. Und auch mit Fink. Es schien, als hätte die ständige Weiterentwicklung die Band mitten in die Eigernordwand gestellt. Oder gehängt. Unklar, ob besser rauf oder runter: Der Totalabsturz drohte auch im (Herz-) Stillstand an und in der Wand.

2007 erschien dann postfink Koppruchs trotziges Verweigerungswerk «Den Teufel tun». Ein Muckenseggeli zu strange, düster, sparsam instrumentiert und besorgniserregend introvertiert. Es schien, als hätte sich Koppruch von der Welt abgewandt. Und viele dachten: Das war’s dann wohl. Der Mann ist ja auch als Maler SAM erfolgreich. Auf dem Netz findet man dazu aktuell: Die besten Kunstkopisten Chinas malen SAM!!! Und vielleicht ist er nun einfach durch mit der Musik – wie vor ihm zet Be Don Van Vliet aka Captain Beefheart. Oder so. Und nun holt er mit «Caruso» aus heiterem Himmel aus zum ganz grossen musikalischen Wurf. Ansatzlos und elegant wie Muhammed Ali. Oder so. Wir haben ihn wieder, den verlorenen Sohn, den ganz-der-Alte-Koppruch mit den grossen Liedern. In Bestform. Da ist auch wieder dieser shuffle-swingende Blues-Country-Folk-Rock mit den hintergründig-lakonischen Texten & Melodien, die ebenso glücklich machen wie sie nachdenklich stimmen. Starke Geschichten voller Weisheit, Witz und Lebensliebe. Komplex, einfach und packend. Vielschichtig, verblüffend und doch so einleuchtend klar, dass auch der eindimensionalste Mensch einen Schatten bekommt.

Es spielen mit: Ecki Heins, Christoph Kähler, Almut Klotz, Reverend CHD, Christoph Jessen, Lars Paetzelt und viele andere. Der hierzuinsel wohlbekannte Gisbert zu Knyphausen singt in «Die Aussicht» übrigens die zweite Stimme. «Kirschen (Wenn der Sommer kommt)» erscheint als erste Single; ein luftig-leichter Shuffle, dessen Text um die Verheissungen und Chancen jedes neuen Tages kreist. Und die man beim Schopf packen sollte, denn: «lebend gehen wir nicht mehr aus der Welt». Selten klang Optimismus schöner. Aber man wiege sich nicht in Sicherheit, denn gleich um die Ecke lauert der Teufel – «Caruso hätt’ sich aufgehängt.» Dann hätte Kinski in Fitzcarraldo eben Koppruch gehört. Und Hans Albers hätt’ ihn gar gesungen; mit Schiffersklavier. Dass wir also den alten Schwerenöter & Easy Rider Koppruch gerne wiedersehen, ist nach so vielen legendären Abenden auf unseren altgedienten Bühnenplanken & Freundschaftsjahren ja sonnenklar. (frei nach Tino Hanekamp)

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