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Feins z'Mittag vom 15. - 19. April
Am liebsten gelesen, gehört und angeschaut ...
Meisterin des Makabren...
Sonntag, 22.01.2012, 20Uhr20
Lokalbühne
Wendy McNeill (CAN)
Folk, Walzer & Zigeuner-Polka, irgendwo zwischen Zirkus, Kabarett & Friedhof.
Die schwedischwurzelnde Kanadierin Wendy McNeill aus Edmonton/Alberta ist eine begnadete Geschichtenerzählerin. Das kommt nicht von ungefähr. Ihre frühesten musikalischen Erinnerungen verdankt sie den Folk- & Country-Platten ihrer Eltern sowie den Plattensammlungen ihrer älteren Geschwister mit Bands wie Pink Floyd, Supertramp & Black Sabbath. Die allererste musikalische Liebe gehörte einem Duett-Album von Dolly Parton & Portner Wagner, deren Kassette aus Mutters Kollektion sie oft in den Schlaf lullte. Ab acht erkundete Wendy zu Pferd jahrelang Wälder & Felder, der Live-Soundtrack dazu: Vogelgesang, Bienengesumm, Koyotengeheul und der Wind in Birken & Pappeln.

In der High-School mutierte sie zum Gothic-Girl mit Interesse an Fotografie, Kunstperformances, Poesie & zeitgenössischem Tanz: Sisters Of Mercy, Velvet Underground, Siouxsie and the Banshees, The Cure, Blondie. Tanzausbildung, Kellnerinnenjob im Live-Club. Beeinflusst von Steve Reich’s Minimal Music, Meredith Monk’s Jazz, aber auch Laurie Anderson und Tom Waits, schrieb sie eigene, karge Kompositionen für Klavier- und Multimedia. Dann gewann sie Studiozeit bei einem Songwriter-Contest und nahm das Debüt «To Whom It May Concern» auf. Nun rollte der Stein schon ganz munter den Hang runter. Kritiker wie Fans liebten ihren ungewöhnlichen, perkussiven Gitarrenstil. Zur Gitarre gesellte sich später dann das Akkordeon.

Ihr inzwischen fünftes Album «For The Wolf A Good Meal» bringt ihren wunderbaren Stilmix in allen Facetten. Walzernde Fabeln & schlierende Märchen aus dem wahren Leben. Von Underdogs, Streunern & tapferen Herzensrittern. Düster, schräg & illuster. Voller Seele. Loops & taktstampfende High-Heels. Nach etlichen Touren, Soundtracks, Tanz- & Theaterproduktionen, Compilations kennt man sie als grossartige Performerin, die dem Publikum nichts schuldig bleibt. Sie liebe Aussenseiter, komische Katzen & furchtlose Herzen, singt sie tragisch-schön & unverwechselbar.

Ihre Stories kleidet sie in Folk, Walzer & Zigeuner-Polka, irgendwo zwischen Zirkus, Kabarett & Friedhof. Als Meisterin des Makabren hält Wendy euch die geladene Pistole ihrer Teufelsengels-Stimme an den Kopf, während zerbrechlich-schaurigschöne Klänge eure Herzen im Flug erobern & mit sich davontragen. Im weiten Singer/Songwriter-Genre ist Wendy McNeill eine der überzeugendsten und eigenständigsten Figuren. Ihre Bühnen-Shows sind schlicht hin- & mitreissend. Wie die trügerischen Wasser unserer ach-soo-blaublaublau-schöönen Mississihl bei vorübergehender Öffnung der Sihlseeschleusen.



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The Bony King of Nowhere
Diese wunderbare Stimme schafft Vertrautheit, eindringlich & eigenwillig.
Da singt ein Unpressierter ganz für sich allein für die ganze Welt. Für dich. Für mich.




The Bony King of Nowhere heisst eigentlich Bram Vanparys und stammt aus Belgien. Es heisst, er operiere mit seiner grandiosen Band am offenen Herzen der Siebziger: Nick Drake, The Band, Tim Buckley, Graham Nash. Jedenfalls glaubt The Bony King of Nowhere ans Schöne & Gute & Authentische. Also, ab in die Zeitmaschine, die uns ins Zeitlose unvergänglicher Schönheit beamt. Und nie mehr wollen wir zurück in die Zukunft.

Wer nicht weiss, dass sein Album «Eleonore» aus dem Zwonüllölf stammt, wird ihm wohl die 40 Jahre zuordnen, nach der es klingt. Allerdings spricht Vanparys Geburtsjahr 1987 dagegen. Dafür wiederum sprechen der erwärmende Sound sowie das Vintage-Equipment, mit der die Scheibe live aufgenommen wurde. Ein Bitzeli Overdub beschwören einen waschechten Bony King-Chor herauf, voller Anmut & Grazie. Diese wunderbare Stimme schafft Vertrautheit, eindringlich & eigenwillig. Da singt ein Unpressierter ganz für sich allein für die ganze Welt. Für dich. Für mich. Mit siebzehn habe er immer vollhals mit Radiohead & Bonnie Prince Billie mitgesungen. So ergab denn der Untertitel des Radiohead-Songs «There There» den Künstlernamen. Aber who the fuck is Eleonore, von der das ergreifendste Stück des gleichnamigen Albums handelt? Das Geheimnis bleibt geheim, schweigt lauthals schweigend wie ein Grab & nimmt’s mit sich dahin. Ein Mysterium. Nicht mal der allwissende Wind ist eingeweiht: «Can you hear the wind / How slow it blows?»

Nein, pressant hat er’s echt nicht, dieser Belgier. Kommt wahrscheinlich vom Starkbier. Dazu Surrealismus, Comics & Pommes. Danach Männeken Pis. Genug der haarölseichenden Klischees: Geborgen & verträumt lauschen wir den herzzerreissend schönen Liedern von emotionalen Naturgewalten, verlieren uns beim romantischen Flammenzüngeln im Dunkel der Nacht, dann & wann schenkt uns eine verglühende Sternschnuppe einen Wunsch. Und wer jetzt meint, da kopiere einer die obgenannten Herzpatienten, der oder die täuscht sich gewaltig. The Bony King of Nowhere kennt seine untertänigen Pappelheimer im Niemandsland und beherrscht dieses Nichts & Nirgends eigenständig & original. Das göttliche Schweigen sagt ALLES. Ein Livepac (nix Digi, aber Doppel) voller Liebe, nicht nur zu Eleonore, die auch im Stück «Girl from the play» als Erlöserin auftaucht. Und wer weiss, vielleicht entsteigt sie an diesem wundersamen Abend der ewigliebenden Mississihl, um diesen erhabenen Klängen mit uns zu lauschen.
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