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Feins z'Mittag 
vom 18.-22.3.24
Am liebsten gelesen, gehört und angeschaut ...
der telemaster zückt sein volles programm...
Montag, 26.04.2010, 20Uhr20
Lokalbühne
Chuck Prophet (USA)
Nach dem einen grossen Ex-Green-On-Redler Cacavas nun der zweite: Auf seinem jüngsten Album seziert unser nie genug erlebte Stammgast Chuck Prophet mit seiner legendenstrotzenden Squier Telecaster und spitzer Poetenzunge den mottenfrassmürben American Dream im friedensnobelpreiskriegendsten Viertweltland unserer gebeutelten Planetenspielhölle.

Ein Erdbeben der Stärke 6,4, korrupte Bullen, Stromblackouts und mundnasenmaskierte Schweinegrippe liefern den Stoff zu seinen politisch unkorrekten Stories. Und zu allem wunderbaren Elend ein state of the art-Tonstudio obendrauf - allerdings von 1957.

Widrige Umstände können einen Chuck Prophet nicht beirren, geschweige denn umhauen. Im Gegenteil: Der alte Alchemist verwandelt Scheisse in Gold. Als er einst aus Versehen samt Band im Tonstudio in seiner Heimatstadt eingeschlossen wurde, liefen er und seine Jungs zu Höchstform auf und spielten mirnix-dirnix das formidable Cover-Album «Dreaming Waylon's Dream» ein. Auch das jüngste Werk «¡Let Freedom Ring!» sei in Mexico City nicht gerade unter rosigen Produktionsbedingungen in nur acht Tagen entstanden. Aber wenigstens in Freiheit, vermutlich. Um so schöner, herzerfrischender und ungehobelter räumt es in seiner kaleidoskopischen Bestandesaufnahme mit dem amerikanischen «My Way»-Traums auf. «A political album for non-political people», nennt das Prophet selbst.

Mexico City und sein legendäres Studio Estudio 19 mit Vintage Vibe befand sich dabei gewissermassen am anderen Ende des Teleskops, wo Prophet seine brandheissen, herzblutsaftenden Songs mit Musikern wie Ex-E-Street-Band-Drummer Ernest «Boom» Carter – ja, der von «Born to Run» – einspielte. Co-Produzent und Mitmusiker Greg Leisz sorgte schon bei Dave Alvin, Bill Frisell, Emmylou Harris, Joni Mitchell und Wilco für einmalige Steel-Guitar-Grundierungen. Und das Americana-Dream-Team hält im Gegensatz zum gottesfürchterlichen Obama-Land, was es verspricht. Schon das clashige Opening Riff in «Sonny Liston's Blues» kündigt an, was auch die weiteren zehn Songs prägt: Hier regieren die Gitarren. No excuse! Es bruzzelt und fuzzelt; es sperrt, plärrt und verzerrt; es rotzt und frotzelt; von zart bis dröhnend hart. Prophet, der Telemaster, zückt sein volles Programm, zieht alle Register. Unerhörte Melodien, die das Nervensystem besetzen. Und immer überraschend, obwohl es immer wieder klingt, als werde grad eines deiner Lieblinglieder gespielt. Und das alles serviert mit dem wunderbarsten lakonischen Gesang dieses Erdentellers: «I am a man of few words, baby // I think by now you've heard them all.»

Umso erfreulicher, dass der nicht ganz so wortlose Musiker, der sich nach Grün-Auf-Rot vor rund 20 Jahren zu einer nach wie vor viel zu wenig beachteten Solo-Karriere aufgemacht hat, auch wieder den Weg zu zu uns nach Zurigo Isola findet. Denn live ist er schlicht und einfach einer der Allergrössten. Er kommt mit seiner Begleit-Band The Missions Express, zu der auch Ehefrau Stephanie Finch zählt. «¡Let Freedom Ring!»: Don't you dare miss it!

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