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Feins z'Mittag 
vom 18.-22.3.24
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Drunkard's Masterpiece...
Mittwoch, 19.05.2010, 20Uhr20
Lokalbühne
Johnny Dowd (USA)
Johnny Dowd (*1948) trinkt gern Whiskey und singt wie «ein Serienkiller, der in einem Staubsauger gefangen ist.» (Mojo): über 60 Jahre jung, urchig, archaisch, intensiv, authentisch.

Der frühere Möbelpacker und Vietnamveteran war zwei Wochen lang verheiratet und lässt die Gitarren noch immer krachen, zusammen mit funky Orgeln und trieb-schepperndem Schlagzeug. Tarantino-Country für die einen, Lynch-Gothic für die anderen. Der Schmerz ist spürbar, Religion ist Thema, aber nur schwer rollstuhlgängig oder auf freigeschabten Kniescheiben über Rollsplit zur Heiligen Bernadette in Lourdes rutschend. Punk liegt in der Luft, ein Hauch Fiesheit, Zynismus wird Ironie und Jim Morrison zum unbekannten Soldaten auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris.* Irgendwann nennt man das Kult, Brian Wilson und Jim White können nicht irren. Und wir Inselbewohner haben ihm ja längst die Unsterblichkeit der Hall of Fame el Lokal verliehen.

Sein siebtes Album «A Drunkard's Masterpiece» (2008) passt wie sein Vorgänger «Cruel Words» (2006) nur in eine Schublade: unberechenbar wie Johnny Dowd. Schon die Tracklist spricht Bände: «Opus I», «Opus II», «Opus III». Dazu lässt es sich Dowd nicht nehmen, die Titel mit kleinen Geschichten einzuleiten, während der Gesang – betörend und kühl zugleich –vornehmlich von Kim Sherwood-Caso übernommen wird. Von Alternative-Country bleibt da nicht viel übrig: Jazzrock trifft auf Samba, gleitet in fast verbotene Gitarrensoli ab, wird von der dominanten Schweineorgel übergrunzt und tänzelt wieder zurück zu südamerikanischen Rhythmen. Dann ist es wieder Zeit für Dowd, in breitester Texas-Mundart ein paar düstere Geschichten vom Stapel zu lassen. Ein Spoken-Word-Abend mit Mike Patton, Captain Beefheart und Booker T. könnte nicht spannender sein. Kult, wie wir wissen. Gott lebt und ist 61 Jahre jung.

*Übrigens: Chessex lesen, Der Vampir von Ropraz; der Unbekannte Soldat im Arc de Triomphe ist ein Schweizer. Wahrscheinlich der echte Sänger im Staubsauger.

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el Lokal