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I am nothing but emotion...
Samstag, 25.09.2010, 21Uhr21
Lokalbühne
Maximilian Hecker (DE)
«Ich will Nirvana und Madonna sein!», orakelt Maximilian Hecker. Und wer lacht, den hängen sie höher. 1994 schiesst sich Kurt Cobain endgültig in die Unsterblichkeit.

In der Folge lässt Hecker die Haare wachsen und fängt an, Gitarre zu spielen. Anfangs covert das allinstrumentale Universal-Talent total solo Oasis, Beck und Tocotronic. Inzwischen sprühen Texte und Lieder aus jeder Pore seines schmächtig-lieblichen Seelentransporters.

Als Strassenmusiker hält der unverbesserliche Romantiker auch bei Extremtemperaturen unter Gefrier- und nah dem Schmelzpunkt die Ohren steif und die Finger klamm. Pickelhart. Bis ihn sein messianisch herbeigesehnter Entdecker von der Gasse holt und berühmt macht. Die Ex-Lassie-Singerin Almut Klotz von Flittchen Records nimmt den starkstimmigen Schmächtling an die Brust und als Schlagzeuger in die Band «Maxi (unter Menschen)» auf, zusammen mit Jim Avignon.

Später will Maximillian lieber auf eigenen Füssen tanzen und dribbeln. Fussball kommt bei ihm übrigens gleich nach der Musik. Glück, Stufe II: Ein Kicker mit heissem Draht zu Musikgöttern spielt ihm den Pass zu einer Plattenfirma und schon hat er bei Kitty-Yo sein eigenes Album «Infinite Love Songs». Von der Realität zur Illusion, möglichst dramatisch: Aus täglichen Notizen werden kitschig-traurige Songs. Endlos schöne Liebeslieder. Jeder Track ein Hit. Möglicherweise.

Maximilian am Ende der Strasse: Support von Stereolab; danach erste Konzertreise durch diverse Clubs in Deutschland. Menschen sterben tausend Tode für den smarten Kerl. Auf seinem Zweitling «Rose» catwalkt auch Kate Moss. Und er lässt den Britpop den Regeninsulanern trotz des produzierenden Briten Gareth Jones (Neubauten, Depeche Mode, Moby). Alles wird langsamer, melancholischer. Anschliessend schickt ihn das Goethe-Institut zusammen mit Barbara Morgenstern auf Welttournee. Heckers Drittling «Lady Sleep» dringt weiter in die dunklen Tiefen seiner Seele vor. Noch langsamer. Seinen Viertling «I'll Be A Virgin, I'll Be A Mountain» hält er selbst für sein positivstes Werk ever. Die Apokalypse erreicht Berlin. Eine wundervoll tragisch-glückselige Reise durch den Singer/Songwriter-Kosmos eines Individualisten mit klaren Vorstellungen und mehr Brust in der Stimme. Aber Herr Hecker quält sich mit seinem Dasein. Bis er in Tokio der Prostituierten Nana über den Weg läuft. Vom Blitz getroffen lässt er die Gesichtswolle wuchern, läuft in Jogginghosen rum, lässt das Poppen sein und veröffentlicht ein Album mit dem elendlangen Titel «I'm Nothing But Emotion, No Human Being, No Son, Never Again Son» auf dem Eigenlabel Blue Soldier Records. Und davon und von seinem wahnsinnig kompliziert-sensiblen Innenleben kann er uns stundenlange Liedchen singen, der strange Junge von nebenan. Hier am Heimat-Flughafen des musikalischsten Graureihers in Town.

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